... unter dieser Überschrift erschien im April 1986 in der auto
motor und sport ein Test des Audi 90 Quattro-Treser Hunter. Den Text
sowie die Bilder aus diesem Test möchte ich im Folgenden
präsentieren:
Als sonst noch niemand an den
Allradantrieb im Straßenauto glauben wollte, war Walter
Treser derjenige, der bei Audi maßgeblich die Quattro-Technik
in die Wege leitete. Heute ist der Ingenieur selbständiger
Unternehmer und mit seinem Latein noch lange nicht am Ende.
In Berlin entsteht derzeit seine eigene Automobilfabrik,
deren erstes Produkt - ein Sportwagen mit VW/Audi-Aggregaten -
zur IAA 1987 Premiere feiern soll; in seiner Ingolstädter
Tuningfirma baut er derweil eigenwillige Audi-Modelle. Nach
Quattro Roadster, Treser Liner und Largo sowie Audi Superpfeil
heißt die jüngste Schöpfung Audi Treser Hunter. |
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Hunter deshalb, weil er als Jagdwagen gedacht
ist. Arabische Potentaten nämlich gehen mit Vergnügen der
Falkenjagd nach; um die Greifvögel durch den Wüstensand
verfolgen zu können, schätzen sie exclusive Geländewagen.
Vier Scheichs aus Dubai am Persischen Golf genügte aber nun
das Angebot an Mercedes G-Modellen, Range Rovern und
dergleichen nicht. Vielmehr bestanden sie auf Jagdgefährten,
die bei aller Geländegängigkeit den Limousinen-Komfort
wahren sollten. Zudem forderte das Lastenheft, daß sie
möglichst leicht und auf Wüstenpisten sicher 180 km/h
schnell sind. |
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Zum Kippen zu schade: Der Hunter
meistert beeindruckend Schräglagen. Sein rustikales
Erscheinungsbild wird nicht zuletzt von den riesigen Rädern
bestimmt. |
Der
Audi-Tuner baute ein Auto nach Wunsch. Er präsentierte den
Kunden aus dem Nahen Osten einen so stark modifizierten Audi
90 Quattro, daß dessen Abstammung kaum noch zu erkennen
ist. Vier Hunter gehen seither in Dubai bereits auf die
Jagd, zwei weitere Bestellungen liegen aus Oman und
Saudi-Arabien vor. Baumuster Nummer fünf bleibt als
Demonstrationsobjekt in Deutschland, wo auto motor und sport
exclusiv mit dem Jagdwagen Erfahrungen sammelte.
Sein hauptsächliches Einsatzgebiet, Sandpisten und
Dünen ließ sich hierzulande nicht finden. Dafür erweckte
der Hunter überall, wo er aufkreuzt, den Eindruck, als
hätte sich ein Teilnehmer der Rallye Paris-Dakar in den
bundesdeutschen Berufsverkehr verirrt.
Für eine tüchtige Verfremdung der 90 Quattro-Basis
sorgen zunächst schon einmal abenteuerliche
Ramm-Stoßstangen, mit denen Front, Heck und Seiten beplankt
sind. Die serienmäßigen Stoßfänger ersetzen
Plastik-Schürzen und vorne zusätzlich eine
Aluminiumplatte. Ergänzt wird die vordere Armierung durch
Bodenbläche, die Motor und Antrieb bei Aufsetzern und gegen
Steinschlag schützen. Hinten schließlich trägt der Hunter
wohl auch aus optischen Gründen, ganz nach Jeep-Manier ein
außenstehendes Reserverad, dessen Halterung nach unten
wegklappt, wenn die Kofferraumhaube geöffnet werden soll.
Ungeachtet seines eindrucksvollen Formats (200/45 VR
415 TRX) handelst sich dabei allerdings immer noch um ein
Notrad, denn die Größe, auf der Tresers
Geländewagen-Kreation wirklich rollt, konnte beim besten
Willen nicht mehr als fünftes Rad am Heck angebracht
werden. Die Hunter-Reifen nämlich, auf Leichtmetallfelgen
im Treser-Design aufgezogen, haben die Maße 280/45 VR 415
TRX; sie verändern das Aussehen des Audi 90 Quattro am
deutlichsten. Es sind Michelin TRX-Pneus, wie sie auch an
der Hinterachse des Ferrari Testarossa Verwendung
finden. |
Um
für diese überdimensionalen Reifen Platz zu schaffen, die
außerdem die Spur um über zehn Zentimeter verbreitern,
mußten riesige Kotflügel mit trapezförmigen
Radausschnitten geformt werden.
In der Wüste hat die extreme Räderkombination sogar
ihren Sinn. Auf weichem oder sandigem Untergrund verhindert
eine so üppige Aufstandsfläche das mit schmäleren Reifen
drohende Einsacken. Ein weiterer Vorzug des Hunter ist sein
niedrige Schwerpunkt. Dank seines Limousinen-Aufbaus liegt
die Kippgrenze erheblich höher als bei herkömmlichen
hochbeinigen Geländewagen, was vor allem bei Fahrten quer
zum Hang mehr Stabilität bringt. Nach Tresers Angaben
beträgt der mögliche Neigungswinkel 36 Grad; das
entspricht einer Fahrt entlang einer 80 Prozent-Steigung.
Der mit einer Bodenfreiheit von 19 Zentimetern
antretende Hunter bewältigt eine derartige Steigung aber
selbst in der Diretissima (siehe Bild). Ohne sich
beeindrucken zu lassen, stürmt er das Steilstück bergauf -
Grenzen setzen hier eher Mut und Fähigkeiten des Piloten
als die technischen Fertigkeiten des Kletterkünstlers. Wenn
der Fahrer nur noch freien Himmel oder scheinbar dichtes
Gebüsch vor sich sicht, stellt der Hunter erst richtig sein
Können unter Beweis.
Auch wenn es tiefe Gräben zu überwinden gilt,
ist er gut gerüstet. Zusätzlich zu den Sperren am
Verteiler- und Hinterachs-Differential, über die der Audi
90 Quattro ja schon serienmäßig verfügt, installierten
die Treser-Techniker ein Sperrdifferential an der
Vorderachse, das mit einem kleinen Hebel neben dem
Handbremsgriff in Aktion gesetzt wird. Dann ist zwar die
Lenkbarkeit beeinträchtigt - auch dann, wenn vorn und
hinten nur noch je ein Rad Bodenkontakt hält.
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Der Audi-Jagdwagen klettert
selbst extreme Steigungen hinauf. Stahl-Armierungen an Front
und Boden schützen die Aggregate.Vor und hinter dem
Schalthebel sind die Bedienungselemente für die drei
Differentialsperren gruppiert. |
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Ebenso wie der
permanente Vierradantrieb ist das Fünfganggetriebe von der
Quattro-Basis vorgegeben; das aber ist im Unterschied zur
Allradtechnik im Geländer nicht immer von Vorteil. Es ein
fehlt eine als Kriechgang untersetzte erste Fahrstufe, mit
deren Hilfe sich das Auto auch ohne Unterstützung der Bremsen
ein starkes Gefälle langsam hinabtasten kann. Dieses Manko
behob Treser mit einer Verkürzung des Achsantriebs von 4,11
auf 4,87 nur zum Teil: Zwar taugt der zweite Gang nun zum
Anfahren, doch der erste ist bei extremen Geländeformen immer
noch zu lang.
Dennoch macht der Hunter abseits befestigter Wege eine
bessere Figur als auf asphaltierten Straßen. Denn während er
auf lockerem Boden ohne Probleme zu handhaben ist und über
Stock und Stein mit einem Federungskomfort verwöhnt,
läßt der Jagd-Audi auf normalen Straßen keinen Zweifel
daran, daß eine Fahrt dort für ihn lediglich eine
Verbindungsetappe zum nächsten Geländeeinsatz darstellt.
Selbst auf offensichtlich ebener Fahrbahn fällt der Hunter
durch ständiges Stuckern auf; die allzu breiten Räder laufen
jeder Unebenheit nach, jedoch kaum geradeaus. In Kurven sorgen
Sie außer für eine schwergängige Lenkung darfür, daß das
Fahrverhalten im Grenzbereich abrupt von Untersteuern ins
Übersteuern wechselt. |
Um dem
gestiegenen Gewicht (von 1221 Kilogramm beim Serien-Audi 90
Quattro auf 1389 Kilogramm beim Hunter) und generell dem
Wunsch nach höherer Leistung Rechnung zu tragen, baut Treser
seinen getunten 2,3 Liter-Fünfzylinder ein. Im Hunter bekommt
dieser Einspritzmotor eine Nockenwelle mit geänderten
Steuerzeiten, so daß mehr Kraft im unteren Drehzahlbereich
bereitsteht. Aber auch die 160 PS (118 kW) und 220 Nm bei
2900/min des Treser-Triebwerks können nichts daran ändern,
daß der Audi-Fünfzylinder grundsätzlich kein
Drehmomentmotor ist, was sich im Gelände besonders bemerkbar
macht. Die Fahrleistungen (siehe "Technische Daten und
Meßwerte") sind nicht besser als beim serienmäßigen
Audi 90 Quattro; selbst die überarbeitete Maschine vermag
also den Gewichtszuwachs sowie den erhöhten Roll- und
Luftwiederstand nicht zu kompensieren. Die
Höchstgeschwindigkeit wurde mit 177 km/h ermittelt - mehr
ließ die wuchtige Hunter-Karosserie, dem dem Wind wie eine
Kathedrale trotzt, nicht zu.
In der Wüste sollte dieses Tempo kein Thema sein, zumal
die Schützen bei der Falkenjagd mit geöffnetem
Faltschiebedach fahren. Auch die geforderten Preise scheint
die mit prallen Brieftaschen ausgestattete arabische
Kundschaft gelassen zur Kenntnis zu nehmen: Für den
Fahrwerksumbau sind schon über 50.000 Mark zu bezahlen, der
Treser-Motor schlägt nochmals mit 8550 Mark zu Buch. Der
Testwagen, der im Innenraum ganz der Serie entsprach, was für
Scheichs selbstverständlich nicht standesgemäß wäre,
repräsentierte immerhin bereits einen Wert von 114907 Mark.
Es gibt eben Autos, die können nur noch nach Arabien verkauft
werden - nicht allein des Preises wegen.
mk |
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Das Faltschiebedach
ermöglicht freien Blick zu den Falken am Himmel. Bei den
Dubai-Versionen schließt es sogar die Heckscheibe mit ein. |
Die technischen Daten und Meßwerte des Treser-Hunter |
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Bilder und Text aus auto
motor und sport , Heft 9, 26. April 1986; von Timo
gescannt.
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